Kurz nach der Preisgabe ihres Aufenthaltsortes verschwand sie allerdings wieder – und tauchte Gerüchten zufolge in Athen auf, wo – zufälligerweise! – eine Loge saß. Diese hielt die Inhalte der Tafel unter Verschluss, unterband die Kommunikation mit anderen Logen und bestätigte lange Zeit die Gerüchte zum Aufenthalt nicht.
Drei griechische Alchemisten entschlüsselten letztendlich die Tafel und man konnte die Anleitung zur Wiedererweckung Verstorbener und zur Kommunikation mit Geistern schreiben. Es sollte aber nochmal ein Jahrhundert dauern, bis man dieses Wissen bereit war zu teilen, genau genommen erst dann, als man von dem Bündnis mit den Vampiren in Tschechien hörte. Dort hatte die Prager Loge eine Essenz entwickeln können, die unsterblich machte. Der Reiz, dieses Geheimnis zu erfahren, war groß genug, um die Inhalte der III. Lehre offenzulegen, wenn auch niemals in schriftlicher Form, sondern nur als Ausbildung von Meister zu Lehrling.
Diese Exklusivität will sich die Athener Loge bis heute bewahren.
Im Gegenzug dazu teilte man das Wissen zur Essenz des ewigen Lebens, sodass man auch in Athen begann, an Vampirblut zu forschen.
Die hundert Jahre, die man allein mit der Erforschung zur Nekromantie aufgewandt hat, war eine Zeit der absoluten Geheimhaltung und Abgrenzung zu Alchemisten anderer Logen, somit auch zu den Studien der I. und II. Lehre. Das Ergebnis kann man heute noch spüren: Athener Alchemisten bezeichnen sich gerne allein als Nekromanten und nicht als Alchemisten, selbst, wenn man sich darauf geeinigt hat, dass die drei Lehren alchemistische Inhalte sind. Auch waren die Forschungsansätze der ersten mitwirkenden Forscher, deren Nachfahren bis heute in der Loge dominant sind, auf Basis philosophischen, fast schon spirituellen/ religiösen Gedankenguts. Sich mit dem Tod zu beschäftigen bringt dieses Denken wohl mit sich. Man beschäftigte sich viel mit Fragen zum Jenseits, was Geiser eigentlich sind, wo die Grenzen zwischen dem Machbaren und dem moralisch Vertretbarkeit eigentlich liegen. Zudem dauerte es auch einfach enorm lange, die Hieroglyphen praktisch nutzen zu können, sodass man eigentlich vor Ende des 19. Jahrhunderts kaum vorzeigbare Ergebnisse hatte. Dem gingen dafür zahlreiche (mehr oder weniger) geistreiche Diskussionen über das Leben und dem Tod voraus.
Die Athener Loge ist demzufolge ein wenig anders geprägt und aufgebaut, als die anderen Logen. Folgende Merkmale unterscheidet sie von den Pragern, Mainzern und Edinburghern:
- Das Meisterstudium MUSS in Athen stattfinden, es gibt keinen Weg daran vorbei. Ausbildungsplätze sind begrenzt.
- Ausgebildete Nekromanten an anderen Logen sind niemals allein tätig, sondern mindestens zu zweit; offiziell lautet die Begründung, dass man viele Anwendungen nicht alleine durchführen sollte. Inoffiziell wird erwartet, dass nach Athen Bericht erstattet, wenn der Kollege irgendetwas tut, wofür er keine Genehmigung hat.
- Jede Fertigkeit, die über das Grundstudium hinausgeht, verlangt eine Genehmigung aus Athen, wo man geprüft wird, ob man diese Fertigkeit auch beherrscht. Daran gebunden sind oftmals Wartezeiten und regelmäßiges Erscheinen in Athen, die einfach nur der Form und Kontrolle wegen existieren.
- Genehmigungen zu entziehen sind beliebte Bestrafungen und Druckmittel; da das Informationsnetz ziemlich intransparent, von persönlichen Beziehungen und Status beeinflusst wird, können auch darüber Dinge ins Rollen gebracht werden - nicht immer zum Positiven.
- Innovationen haben (im Gegensatz zur Runenmagie) keine höchste Priorität in der Ausbildung und Erforschung der Nekromantie; wichtiger ist es vielmehr, die Lehren, das Gedankengut und die Anwendungen so zu verinnerlichen, wie es (vom Rat) vorgesehen ist.
- Die Spezialisierungen „Alchemistische Pharmazie“ und „Regeneration“ erfordern viel naturwissenschaftliches Wissen, daher ist es am produktivsten, wenn sie gemeinsam mit Runenmagiern erforscht werden – doch von eben jenen gibt es in Athen nicht viele und das Interesse, etwas daran zu ändern, hält sich eher in Grenzen. Interdisziplinäre Kooperationen sind eine Seltenheit und werden streng bewacht.
Neue Tendenzen
Nichts ist statisch, vor allem nicht Gesellschaften. Selbst Geheimbünde, die von uralten Alchemisten geleitet werden, können nicht verhindern, dass jüngere Generationen neues Gedankengut einbringen. Zwar versucht man, dies zu verhindern, indem man Forschungsvorhaben unterbindet oder manipulativ einwirkt, dennoch gibt es mittlerweile vermehrt Nekromanten, die sich dafür interessieren, die Glyphen für Heilzwecke zu verwenden. Statt verstorbenes Gewebe zu regenerieren, erscheint es ihnen sinnvoller, die Magie für die Heilung lebender Organismen zu verwenden – was eine medizinische Ausbildung unabdingbar macht. Doch wo käme man denn dahin, die Magie für rein wissenschaftliche Zwecke zu instrumentalisieren?! Meinungen und Lager spalten sich in der Frage, ob Nekromantie wirklich dafür eingesetzt werden darf/soll, sich mit lebendigen Dingen zu beschäftigen.
Familienbande
Die drei Alchemisten, die Anfang des 19. Jahrhunderts die Glyphen entschlüsselten, hielten ihr Vorrecht auf diese Entdeckung und die Forschung und ihre Familien haben es geschafft, bis heute dominierend in Athen zu wirken, aber auch in Prag und Edinburgh ihren Einfluss zu stärken. Es handelt sich dabei um die Familie Athanasios, Daskalakis und Karagianni. Ihre Mitglieder sind allesamt im Rat der Athener Loge, was erklärt, weshalb so einstimmig gegen unerwünschte Stimmen vorgegangen werden kann. Vetternwirtschaft und Intrigen prägen das Miteinander.
Doch auch das geht nicht immer gut. Es gibt Familien, die stärker als Traditionalisten bezeichnet werden können, als andere. Die Karagiannis zählen wohl zu den konservativsten und traditionellsten Familien, wohingegen das Familienoberhaupt der Athanasios Athen vor einer Weile verlassen und sich in Edinburgh niedergelassen hat, von wo aus er die neuen Tendenzen (s.o.) zu fördern scheint. Diese Stellungnahme wird scharf kritisiert.
Aktuell befinden sich folgende Athener in Edinburgh:
- Athanasios: Alexandros & Charikleia (Familienoberhäupter), jüngste Tochter Theia & ältester Sohn Nikolaos mit Ehefrau Camille (geb. Daskalaki)
- Daskalakis: Ismene (Schwester des Familienoberhauptes) und ihre Nichte Camille, heutige Athanasios